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Gender. Power. Food. – Warum die Ernährungskrise eine Gender-Care-Krise ist

In ihrem Beitrag zur aktuellen Ernährungskrise argumentiert Lea Zentgraf, dass Essen, Gender und Care dringend wechselseitig betrachtet werden müssen und zeigt, dass sich die Krise nur so in ihrer vollen Komplexität begreifen lässt.

Essen wird zunehmend in der Gesellschaft politisiert. Forderungen nach Veränderung des Agrar- und Ernährungssystems sind zahlreich und vielseitig: Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten in globalen Wertschöpfungsketten, lokale Lebensmittelengpässe und Ernährungsunsicherheit – vielerorts verschärft durch die Folgen der Covid-19-Pandemie, Klimakrise und den Russischen Angriffskrieg in der Ukraine – machen das Thema zu einem Teil globaler politischer Debatten. Agrar- und Ernährungspolitik werden durch Fragen nach Nachhaltigkeit, Klimanotstand und Biodiversitätskrise noch komplexer.

Dabei wird aber auch deutlich, dass die miteinander verknüpften Krisen Menschen, Tiere, Natur und Umwelt in unterschiedlichen Dimensionen und Größenordnungen treffen. Besonders neokoloniale Kontinuitäten von Unterdrückung, Ausbeutung und Machtungleichheiten im Zusammenhang mit Nahrungsproduktion und dem Zugang zu gesunder Nahrung werden hier sichtbar und spiegeln sich auf unterschiedliche Weise in modernen neoliberal-kapitalistischen und patriarchalen Gesellschaftsstrukturen wider. Wenn wir über Ernährungsunsicherheit und -ungleichheiten sprechen, müssen wir eine intersektionale Perspektive einnehmen, um diese Unterschiede zwischen den politischen Subjekten zu berücksichtigen und Machtasymmetrien sichtbar zu machen. Eine der zentralen Achsen für Ernährungsungleichheiten sind geschlechtsspezifische Ungleichheiten. Daten des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen zeigen, dass derzeit 690 Millionen Menschen in der Welt von Ernährungsunsicherheit betroffen sind. 60 % von ihnen sind Frauen und Mädchen. „Jede Ursache der Ungleichbehandlung verstärkt die anderen und hält die Frauen in einem Kreislauf von Benachteiligung, Armut und Hunger gefangen“, heißt es im Welternährungsprogramm über Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern im globalen Ernährungssystem.

Communities im sogenannten ‚Globalen Süden‘, allen voran in Kenia, Nigeria, Äthiopien und Somalia sind mit der schlimmsten Nahrungsmittelkrise seit 40 Jahren konfrontiert. Doch nicht nur dort sind die Folgen dieser Ernährungsungleichheiten zu spüren: Deutschland ist zwar nicht in drastischem Maße mit dem Mangel an Nahrungsmitteln konfrontiert, jedoch macht die steigende Inflation viele Produkte auch hier spürbar teurer. Die Inflation der Verbraucherpreise für Lebensmittel liegt laut Statistischem Bundesamt über 20%. Das verschärft die Ernährungssituation von Menschen, die bereits in Armut leben, von Armut bedroht sind und/oder soziale Transferleistungen beziehen. Vielerorts unsichtbar, aber auch in Deutschland gibt es Ernährungsarmut; 2021 waren schätzungsweise 12,5 Millionen Menschen in Deutschland zumindest zweitweise von Ernährungsarmut betroffen, laut der FAO sind 1,1% der deutschen Haushalte stark ernährungsunsicher.

Lea Zentgraf

Lea Loretta Zentgraf hat in Heidelberg, São Paulo und Berlin studiert. Aktuell ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin in der BMBF-Nachwuchsgruppe „Food for Justice: Power, Politics and Food Inequalities in a Bioeconomy“ am HCIAS an der Universität Heidelberg. Sie promoviert in Soziologie am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin. In ihrer Forschungsprojekt untersucht sie soziale Bewegungen, die sich für eine sozio-ökologische Transformation einsetzen und für ein faires, gerechtes und nachhaltiges Ernährungssystem kämpfen. Besonders interessieren sie anti-koloniale, feministische* und Nachhaltigkeits-Debatten und das nicht nur rund ums Thema Essen.

Doch es gibt bereits Lösungsvorschläge und Ideen wie in unterschiedlichen lokalen Kontexten Ernährungsungleichheiten und -unsicherheit angegangen werden können; soziale Bewegungen und Initiativen liefern innovative Antworten auf multiple Krisen und positionieren sich mit ihren Forderungen und Praktiken für eine systemische Transformation der Ernährungssysteme.

Food Movements und ihre Forderungen nach einer Agrar- und Ernährungswende

Ich schreibe diesen Beitrag im Januar 2023, in einer Zeit, in der die multidimensionalen Sorgen um Landwirtschaft und Ernährung im öffentlichen und politischen Diskurs auch in Deutschland sichtbarer und lauter werden. In Berlin fanden gerade die Internationale Grüne Woche, das Global Forum for Food and Agriculture und die alljährliche Wir haben es satt!-Demo statt – ein Zusammenschluss aus mehr als 60 Trägerorganisationen, die für einen Agrar- und Ernährungswende auf die Straße gehen. Viel wurde diskutiert, sich ausgetauscht, beraten und auch gestritten; bei alle dem spielte das Zusammenwirken zahlreicher aktueller Krisen eine Rolle.

Die Debatten über Nahrungsmittel konzentrieren sich jedoch nicht nur auf die Nahrungsmittelknappheit, Inflation und Ernährungsarmut. Weltweit gibt es viele Versuche praktische Lösungen für strukturelle Probleme im Zusammenhang mit Lebensmittelsystemen zu finden. So finden sich in Deutschland sich beispielsweise; (1) Solidarische Landwirtschaft, der Versuch Erzeuger und Verbraucher (wieder) zusammenzubringen und sich das Ernterisiko solidarisch zu teilen; (2) agrarökologische Netzwerke, die darauf abzielen, sozial gerechte Beziehungen innerhalb der Landwirtschaft zu schaffen und dabei Lebensmittel produzieren, die pestizidfrei und weniger umweltschädlich sind; oder auch (3) Alternative Lebensmittelnetzwerke [Alternative Food Networks (AFN)], wie z.B. städtische Gärten, die Lebensmittel in der Stadt anbauen und so die lokale Lebensmittelversorgung unterstützen. Zu den AFNs gehören auch Gemeinschaftsküchen, die für die gesamte Stadtbevölkerung durch gemeinschaftsbasierte Verteilung, Konsum und Bereitstellung von Lebensmitteln den Zugang zu gutem und gesundem Esser erleichtern, sowie Initiativen gegen Lebensmittelverschwendung, die Essen vor der Mülltonne retten.

Solche heterogenen Food Movements 1 Definition Food Movements: Bauernbewegungen, Bewegungen für Ernährungssouveränität, alternative Lebensmittelnetzwerke und -initiativen, feministische rurale Bewegungen, Bewegungen für Ernährungsgerechtigkeit und agrarökologische Bewegungen – hier zusammengefasst unter dem Oberbegriff Food Movements – mobilisieren auf lokaler, nationaler und globaler Ebene für einen grundlegenden Wandel des globalen Agrar- und Ernährungssystems (Motta, 2021, p. 7) wenden sich gegen das vorherrschende deregulierte System der Lebensmittelproduktion, –verteilung und des –konsums. Sie stellen alternative Praktiken und Konzepte für den Umgang mit den wachsenden strukturellen und multiskalaren Herausforderungen vor und verbinden Forderungen nach Ernährungsdemokratie, Ernährungssouveränität und Ernährungsgerechtigkeit.

Ausgehend von konkreten und lokalen Praktiken setzen sie sich für ein demokratisches, gerechtes und nachhaltiges Ernährungssystem im Hier und Jetzt und in der Zukunft ein. Sie nutzen dabei nicht nur traditionelle Formen des Protests wie Demonstrationen und Kampagnen, sondern auch alltägliche Praktiken und alternative Formen des Wirtschaftens prägen ihr Repertoire. Diese basieren häufig auf einer gerechteren und gemeinschaftsbasierten Produktion, Verteilung und Zuweisung von Lebensmitteln und weisen der Nahrung eine wesentliche Rolle als verbindendes Element zwischen Menschen, aber auch als Beziehungsstifter zwischen Menschen, Tieren und der Natur zu. 2 Wichterich, Christa. (2002). Sichere Lebensgrundlagen statt effizienterer Naturbeherrschung–das Konzept nachhaltige Entwicklung aus feministischer Sicht.

Die konkrete Umsetzung der aufgezählten Initiativen unterscheidet sich auf lokaler Ebene oft stark, da ihre Praktiken in ihrer Ernährungsumgebung und Community situiert sind. Sie konzentrieren sich auf unterschiedliche Aspekte der bestehenden Probleme, haben aber ein gemeinsames Verständnis der vielfältigen nicht nur der wirtschaftlichen und politischen, sondern auch ökologischen und sozialen Dimensionen, die verändert werden müssen. Sie fordern eine transformative politische Agenda, die auf alternativen sozio-ökologischen-Beziehungen und Praktiken der Inklusion für Vielfalt und Gerechtigkeit bei der Produktion, Zugang und Genuss von Lebensmitteln fußt.

Geschlechterrollen in Food Movements

Durch ihre stärkere Betroffenheit nehmen Frauen in Food Movements oftmals eine wichtige Rolle als Agentinnen des Wandels ein und sind Vorreiterinnen für soziale und politische Innovation und Transformation in der Praxis. Die entscheidende Grundlage der Repertoires der Food Movements ist häufig das Verständnis einer unzureichenden Gleichstellung der Geschlechter. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit einer anderen Genderordnung in Wirtschaft, Gesellschaft und Politik, die sich in verschiedenen Forderungen und Aktionen der Ernährungsbewegungen widerspiegelt. In der Praxis bedeutet dies, dass sich die traditionelle Aufteilung von reproduktiver und produktiver Arbeit bis zu einem gewissen Grad auflöst. Die politische, ökonomische und soziale Rolle von Frauen wird in alternativen Formen des Wirtschaftens anders konzipiert und praktiziert; reproduktive Aufgaben – in vielen Arbeitsfeldern als „weiblich“ konnotiert – erhalten eine größere Anerkennung. Dabei  spielen neben der Kategorie Gender auch Fragen der Klasse, Nationalität, Race etc. eine signifikante Rolle.

Das Ziel vieler Food Movements; der tatsächlichen Umsetzung des Menschenrechts auf Nahrung, impliziert eine transversale Anerkennung der Arbeit und Rolle von Frauen im Agrar- und Ernährungssystem und folglich die Schaffung einer gleichberechtigten Genderordnung. 3 Desmarais, 2008: https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0743016707000794; Lemke, 2014: https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/transcript.9783839418451/html?lang=de; Martinez-Torres & Rosset, 2010: https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/03066150903498804 Durch die Analyse der Gender-Kategorie im Lebensmittelsystem werden strukturelle Ungleichheiten sichtbar, denn im kapitalistische corporate food regime strukturiert Geschlecht, wer welche Lebensmittel isst, wer welche Lebensmittel anbaut und wer welchen Zugang zu Lebensmitteln hat: Gerade der Zugang zu gesunden und nährstoffreichen Lebensmitteln bleibt vielen Frauen aufgrund ihrer sozio-ökonomischen Situation verwehrt – gleiches gilt auch für den Zugang zu Land und hochwertigem Saatgut. „Care-Arbeit, Commons und Suffizienz sind der Schlüssel zur Ablehnung oder Unterbrechung dieser Art von Effizienz- und Wachstumslogik“. Gender beeinflusst somit alle Aspekte des Ernährungssystems. Was konkrete Handlungen wie beispielsweise Kochen, Einkaufen und Anbau angeht, leisten Frauen weltweit viermal so viel Arbeit im Zusammenhang mit Lebensmitteln wie Männer.

Für viele Food Activists liegt der Schlüssel zu Ernährungssouveränität und emanzipatorischem und antikolonialem Empowerment neben der Kontrolle von Saatgut im Wissen über traditionelle und lokal angepasste Landwirtschaft sowie in der Wertschätzung von Reproduktionsarbeit in Landwirtschaft, Gesellschaft und Natur. 4 Desmarais 2008: https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0743016707000794; Village 2007: https://viacampesina.org/en/declaration-of-nyi/ In anderen Worten: Die Transformation muss auf der Ebene des Alltagslebens, der sozialen Reproduktion und der anhaltenden Kämpfe der Menschen für geschlechterbewusste ökologische und soziale Gerechtigkeit ansetzen. Wir müssen uns mit unseren Körpern, Gefühlen, Alltagspraktiken und Beziehungen auseinandersetzen, um Ernährungsungleichheiten im Kern zu überwinden.

Bei genauerer Betrachtung fällt ins Auge, dass bereits existierende alternative und nachhaltige Formen der zukunftsfähigen Landwirtschaft und Ernährung oft von Frauen angestoßen, umgesetzt und vorangebracht werden. Sie sind oft Pionierinnen im Klima- und Biodiversitätsschutz. Dennoch gibt es eine große Diversität an Praktiken und Forderungen, was wiederum die Heterogenität der Akteure widerspiegelt. Interessant ist, dass innerhalb der Food Movements meist von Geschlechtergerechtigkeit gesprochen wird, seltener von feministischen Forderungen. Diese werden mehr durch Forderungen nach gleichberechtigtem Zugang zu Land, gleichen Löhne für gleiche Arbeit oder auch gleiche politische Repräsentation zwischen Männern und Frauen indirekt deutlich. Innerhalb einiger Initiativen wird dies bereits intern umgesetzt, jedoch fehlen vielerorts noch öffentliche inhaltlichen Debatten über verschiedene Verständnisse von Frauenrollen, Feminismen und Queerness im Agrar- und Ernährungssystem und deren strukturelle Auswirkungen.

Nur weil Frauen sich vermehrt aktivistisch engagieren und Gendergerechtigkeit einfordern, bedeutet dies allerdings nicht, dass alle Aktivistinnen innerhalb der sozialen Mobilisierung für eine Agrar- und Ernährungswende feministische Wertvorstellungen teilen. Man sollte nicht in die Falle tappen und eine universelle Kategorie der Aktivistinnen in Food Movements annehmen. Es muss von queer-feministisch progressiven bis zu konservativen Frauenbildern eine große Vielfalt in der deutschen Agrar- und Ernährungslandschaft und folglich auch in den Food Movements mitgedacht werden.

Soziale (Re)produktivität, Care und Gender

„In den meisten Gesellschaften tragen Frauen auch heute noch die Verantwortung für die geistige und manuelle Arbeit der Nahrungsbeschaffung – die grundlegendste Arbeit der Fürsorge„. Diese Verantwortung und Arbeit bleibt jedoch oftmals unsichtbar und erhält keine oder zu wenig Wertschätzung. Die Produktion und das Versorgen mit Essen als Care/-Sorgearbeit zu verstehen, bietet wichtige Ansätze die Hierarchisierung zwischen Geschlechtern und auch innerhalb einer Geschlechterkategorie zu hinterfragen. Die intersektionale Politisierung der Kategorien Gender und Care ist ein wichtiger Schritt hin zu mehr Gleichberechtigung entlang der Wertschöpfungskette, jedoch beziehen sich beispielsweise aktivistische Forderungen nach Landeigentum vornehmlich auf Bäuerinnen und Ehefrauen von Bauern, die bereits durch finanzielle oder familiäre Strukturen in einer privilegierteren Position sind. Die Perspektive von z.B. Saisonarbeiterinnen oder der arbeitenden weiblichen Bevölkerung wird dabei meist nicht berücksichtigt und lässt diese politischen Akteure in ihrer Prekarität unsichtbar. Ähnliches gilt für Forderungen gegen Ernährungsarmut, es werden keine korrelierenden Daten zur Haushaltszusammensetzung erhoben, sodass alleinerziehende Mütter, wohnungslose Frauen oder Familien aus migrantischen Communities durchs Raster fallen und statistisch unsichtbar bleiben. Somit werden sie nicht als strukturell benachteiligt identifiziert und es entstehen folglich auch kaum politische Maßnahmen und Projekte zu konkreter Unterstützung dieser vulnerablen Gruppen.

Diverse Economies Iceberg Model (Community Economies Collective, 2023)

Die Anwendung des Eisbergmodells von Gibson-Graham auf die diverse economies im Agrar- und Ernährungssystem veranschaulicht die vielen Arbeiten im Zusammenhang mit Lebensmitteln, die in kapitalistischen wirtschaftlichen Strukturen unsichtbar sind und abgewertet werden. 5 Gibson 2012: https://www.researchgate.net/publication/284580597_Diverse_Economies_Performative_Practices_for_Other_Worlds; https://www.communityeconomies.org/people/jk-gibson-graham; Gibson 2006: https://halfletterpress.com/economic-meltdown-or-what-an-iceberg-can-tell-us-about-the-economy/ Das Bild von der Wirtschaft als Eisberg ist eine Möglichkeit, die Praktiken, die als „wirtschaftlich“ betrachtet und bewertet werden, neu zu definieren. Wenn wir den gesamten Eisberg über und unter der Wasserlinie sehen, schmilzt die Wirtschaft, wie wir sie bisher kannten, dahin. Wir beginnen, die große Bandbreite an Praktiken, Orte, Organisationen und Beziehungen zu erkennen, die zum täglichen Überleben beitragen. Was als „alternativ“ angesehen wird, ist tatsächlich ein fundamentaler Bestandteil der bereits bestehenden vielfältigen Wirtschaft. Frauen* materialisieren dabei vielfältige Lösungsansätze innerhalb und außerhalb des Kapitalismus durch ihre täglichen Ernährungspraktiken.

Die historische geschlechtsspezifische Arbeitsteilung als dominantes Merkmal der Verbindung von Patriarchat und Kapitalismus ist ein wichtiger Faktor für die mangelnde Anerkennung und Sichtbarkeit des wirtschaftlichen Beitrags von Frauen* zum Ernährungssystem.

Bis heute ist in vielen Gesellschaften bezahlte und produktive Arbeit – zumindest teilweise – als männlich kodiert und dem öffentlichen Bereich zugeordnet. Unbezahlte Sorgearbeit hingegen wird der sozialen Reproduktion und dem Haushalt, also der privaten Sphäre, zugeordnet und als weiblich kodiert. Alle reproduktiven Arbeiten im Zusammenhang mit dem Kochen in Gemeinschaftsküchen, der Ernährung der Familie, der unbezahlten Arbeit auf dem Bauernhof, der nicht monetarisierten Arbeit in Gemeinschaftsgärten oder alternativen Lebensmittelinitiativen tragen zu unserem täglichen Überleben bei und sind Teil der langfristig bestehenden vielfältigen Ökonomien. 6 Brettin, Suse. (2021). Feministische Perspektive auf landwirtschaftliche Produktion. Ökologisches Wirtschaften-Fachzeitschrift, 36(4), 28-29. https://www.oekologisches-wirtschaften.de/index.php/oew/article/view/1855; Čajić, Sandra, Brückner, Meike, & Brettin, Suse. (2021). A recipe for localization? Digital and analogue elements in food provisioning in Berlin A critical examination of potentials and challenges from a gender perspective. Sustainable Production and Consumption. doi:https://doi.org/10.1016/j.spc.2021.06.025 Die ökonomische Unsichtbarkeit der unbezahlten (Care-)Arbeit sowie (Lohn-)Arbeit von Frauen* gilt nicht nur für das Ernährungssystem, sondern für alle wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bereiche.

Die Hierarchisierung und fehlende Anerkennung sind nicht nur für die Ungleichheiten zwischen Männern und Frauen* relevant, sondern auch für die Ungleichheiten zwischen Frauen*: „Soziale Arbeit schafft Nahrung; Nahrung trägt zur Erhaltung und Schaffung von Menschen bei; Nahrung schafft, unterstützt und fordert die Kultur und Politik heraus, die aus diesen Vereinbarungen hervorgehen. Wir sind durch das Bedürfnis nach Nahrung miteinander verbunden – und in Konflikte getrieben. Frauen, und insbesondere schwarze Frauen und Migrantinnen, leisten dabei die Schwerstarbeit„.  Um ihre Rolle in der Lebensmittelproduktion und im Lebensmittelkonsum besser zu verstehen, ist es unerlässlich, die Care-Arbeit als eine gesellschaftlich grundlegende und nachhaltige Praxis zu begreifen, die die Säule aller Lebensmittelbeziehungen ist.