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Nach der »Fehldiagnose« kommt der Aufschwung

Könnte die schlechte Konjunkturlage sich bereits in diesem Frühjahr wieder bessern? Was für einen konjunkturellen Aufschwung spricht und was die Analysen von Tom Krebs und die Rezepte von Isabella Weber damit zu tun haben, schreibt André Kühnlenz in seinem Beitrag.

Das Gute an kapitalistischen Wirtschaftskrisen ist, dass sie irgendwann zu Ende gehen. Dazu muss eine Regierung nicht einmal zwingend etwas unternehmen. Die regierenden Politiker müssen sich nur fragen, wie lange ein konjunktureller Stillstand dauern soll und wie viel Arbeitslosigkeit sie dabei in Kauf nehmen wollen. Wie immer in der Geschichte wird auch die aktuelle Krise einen Boden finden, allein deswegen, weil die Unternehmen ihr Geschäftssinn dazu drängt, irgendwann in die Expansion eben dieser Geschäfte zu investieren.

Dabei mag sich die Erkundung der Krisengründe auch verirren, ist sie doch ohnehin stark von der ideologischen Ausrichtung des jeweiligen Diagnostikers geprägt und verzerrt. Doch die Konkurrenz schläft nicht, egal, ob die Politiker oder ihre ökonomischen Berater begreifen, warum eine Wirtschaft kriselt. Und so könnte die Stagnation der Nachcoronazeit ausgerechnet jetzt eine Wendung nehmen, die kaum noch jemand erwartet hat. Welche Ironie wäre es, wenn diese Lähmung gerade dieses Jahr in einen Aufschwung mündet.

Und das ohne all die Strukturreformen, die temporären oder sogar dauerhaften Steuersenkungen, ohne das Ausrufen von Notlagen in der Schuldenbremse oder auch ohne umfassenden Bürokratieabbau. Und auch ohne die Investitionsoffensive der öffentlichen Hand, auf die große Teile der Wirtschaft in den nächsten Monaten nach der Wahl so sehr hoffen. Das alles sind die mehr oder weniger realistische Vorschläge, mit denen sich Konjunkturbeobachter, Ökonomen, Parteien oder Lobbygruppen seit Beginn der quälenden Standortdebatte Mitte 2023 nun schon gegenseitig überbieten.

So gibt es pünktlich zur Bundestagswahl vorsichtige Signale, die tatsächlich auf einen beginnenden Aufschwung deuten. Gerade wenn die Stimmung nicht mehr schlechter werden kann, geht es endlich aufwärts, könnte man meinen. Wo es doch fast schon Konsens ist, dass nach drei Jahren konjunktureller Schwächephase dringend eine wirtschaftliche Wende her muss: Die neue Bundesregierung müsse unbedingt die Angebotsbedingungen verbessern, tönt es von liberaler wie von progressiver Seite. Denn längst sei die Krise struktureller Natur, wie auch der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck seit dem Herbst rauf und runter betet.

André Kühnlenz

André Kühnlenz ist Redakteur im Märkteteam der »Finanz und Wirtschaft«, der wichtigsten und ältesten Wirtschaftszeitung der Schweiz. Er schreibt dort seit 2018 über Anleihemärkte, Notenbanken und andere Makrofinanzthemen. Seit 2007 arbeitet der studierte Ökonom als Journalist in Berlin, Frankfurt und Wien bei der »Financial Times Deutschland« und dem »Wirtschaftsblatt«. 2015 wurde er mit dem Georg von Holtzbrinck-Preis für Wirtschaftspublizistik ausgezeichnet.

Gute Chancen für einen Aufschwung

Am Montag nach der Bundestagswahl hat das Münchner Ifo-Institut seine neuesten Geschäftsklimazahlen veröffentlicht. Es sind Ergebnisse aus Umfragen unter Unternehmen, bei denen monatlich rund 9000 Antworten eingehen. Daraus berechnen die Ifo-Fachleute die besten Indikatoren für die deutsche Konjunktur, welche noch vor der Veröffentlichung der amtlichen Statistiken erkennen lassen, wohin die Reise mit der Wirtschaft geht. Es ist ausgerechnet der Montag, an dem die Ukrainer den dritten Jahrestag des Großangriffs Russlands auf ihr Land gedenken, an die Toten und Gefolterten. Ein Tag, der auch den Beginn der Stagnation Deutschlands markiert.

Der Trend sieht gut aus: Die befragten Unternehmen könnten bald erstmals seit Beginn der Totalinvasion Russlands berichten, dass sie ihre Wirtschaftslage besser einschätzen als zwölf Monate zuvor (vgl. Abbildung 1). Es wäre eine wichtige Bestätigung des erfreulichen Auftragsschubs vom Dezember. Ende 2024 sind tatsächlich so viele Neuaufträge in der Industrie eingegangen, dass die Hoffnung wächst, die heimischen Unternehmen werden bald noch mehr in Maschinen, Anlagen, Geräte, Fahrzeuge, Gebäude oder Patente investieren, um sich künftige Marktanteile und entsprechende Gewinne zu sichern (vgl. Abbildung 2).

Abbildung 1
Abbildung 2

Da damit auch ein stärkeres Job- und Konsumwachstum verbunden ist, wären alle Zutaten für einen beginnenden Aufschwung zusammen: Das Angebot und die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen erzeugen gegenseitig eine expansive Rückkopplungsschleife, die das Wachstum in Gang bringt. Eine Faustregel besagt, dass in einem Aufschwung das Ifo-Institut eigentlich fast durchgehend misst, dass sich die Geschäftslage zu jedem Vorjahresmonat verbessert. Und diese Erholung könnte jetzt tatsächlich beginnen.

Sicher ist dies jedoch noch nicht: Erstens fehlen noch die positiven Signale vom Arbeitsmarkt, die ein beschleunigtes Jobwachstum erwarten lassen. Auch kommt derzeit niemand an der schlechten Stimmung in den Managementetagen vorbei – nach zwei Jahren schrumpfender Gewinne am Standort ist dies auch kein Wunder. In den Ifo-Umfragen waren die Geschäftsaussichten trotz stabilerer Lageeinschätzungen nur leicht besser als im Tiefpunkt vom Sommer 2023, als die Hoffnung auf eine schnelle Erholung nach den Preisschocks der Jahre 2021/22 verflogen war (vgl. Abbildung 3).

Die Lehre von »Fehldiagnose«

Wenn sich im Frühjahr aber tatsächlich etwas bessert, wird es jedenfalls nicht daran liegen, dass sich die Unternehmen im Vorgriff auf wirtschaftsfreundliche Reformen der neuen Bundesregierung in neue Investitionsabenteuer stürzen. Viel eher dürfte ihre Profitabilität sich langsam wieder bessern, was wiederum die Investitionslaune heben würde. Lang aufgestaute Ausgaben könnten nun endlich nachgeholt werden. Hilfreich ist dabei, dass die Industrieumsätze im In- und Ausland sich zuletzt stabilisiert haben. Daher ist es nicht unrealistisch, dass Deutschland trotz aller Zollandrohungen aus den USA bald über einen Aufschwung reden wird.

Doch selbst wenn eine strauchelnde Weltwirtschaft am Ende alle Hoffnung zunichte macht: Nichts kann die Situation heute besser erklären, als was der Ökonom Tom Krebs in seinem jüngsten Buch als »Fehldiagnose« bezeichnet hat. Darin räumt er mit einigen voreiligen Schlüssen von Ökonomen und Wirtschaftspolitikern auf, die bis heute die Debatte prägen und am Ende sogar eine richtige Antwort auf die Preis- und Nachfrageschocks der vergangenen Jahre verhindert haben. Egal, wie lange die Stagnation noch dauert, die Politik sollte entscheidende Lehren daraus ziehen, damit sich eine Erholung nie mehr so in die Länge zieht.

Abbildung 3
Abbildung 4

Bezweifelt werden kann zum Beispiel, dass die Steuer- und Abgabenlast derzeit extraordinär hoch wäre im historischen Vergleich. Sie liegt bei gut 40% des Bruttoinlandsprodukts und damit auf dem Niveau von 2017 (vgl. Abbildung 4). Die Steuerlast der Unternehmen war gemessen am Vorsteuerergebnis sogar noch geringer als nach 2016 – als die Wirtschaft boomte. Auch das Arbeitsvolumen ist aktuell kein Problem: Denn die Arbeitszeit aller Arbeitnehmer wächst seit drei Jahren stärker als die Wirtschaftsleistung. Der Grund: Die Unternehmen horten aus Sorge vor Arbeitskräftemangel ihre Fachkräfte, was aber ihre Produktivität senkt.

Dabei zweifelt wahrscheinlich niemand an der mangelnden Digitalisierung der Verwaltung und den zum Teil absurden Regulierungen und Vorschriften. Oder an den ewig langen Genehmigungsverfahren, die die alte Ampelregierung allerdings für die grüne Transformation bereits ausgehebelt hat. Doch so sehr diese strukturellen Probleme auch die wirtschaftliche Dynamik ausbremsen mögen, können sie nur schwerlich als entscheidende Gründe für die Stagnation herhalten. Krebs beschreibt in seinem Buch sehr schön, dass sich all die bekannten Probleme nicht mit einem Schlag verändert haben können und die Wirtschaftsleistung deshalb drei Jahre nicht wächst und auch die Einkommen des gesamten Landes, nach Abzug der Inflation, auf dem Niveau vor der Pandemie verharren.

Die Fährte, die der Ökonom als Erklärung stattdessen anbietet, führt genau in die andere Richtung, eine, die ohnehin auf der Hand liegt: Die hohen Preissteigerungen der Unternehmen haben dazu geführt, dass Privathaushalten schlussendlich weniger Einkommen übrig blieb, um Güter und Dienstleistungen zu kaufen. Diese Analyse bringt es im Wesentlichen auf den Punkt: Konfrontiert mit der erlahmenden Nachfrage der Haushalte schränken die Unternehmen tatsächlich seit Ende 2022 ihre Investitionen und den Bedarf an neuen Arbeitskräften ein. Die Verunsicherung im Zuge des Krieges drückt zusätzlich auf die Investitionslaune der Unternehmen.

Dabei war die Nachfrage aus dem Ausland von Anfang bis Ende 2022 sogar noch recht stabil, die Unternehmen konnten sie auch trotz aller strukturellen Schwierigkeiten inklusive der maroden Infrastruktur problemlos bedienen. Vom oft behaupteten Strukturbruch bereits vor der Pandemie kann sogar in der Autoindustrie keine Rede sein (vgl. Abbildung 5): Ihr Auslandsumsatz lag Ende 2022 über dem Vor-Coronaniveau, wie in einem Blogbeitrag der Schweizer Zeitung «Finanz und Wirtschaft» detailliiert aufgeschlüsselt ist.

Alte Glaubenssätze

In seinem Buch seziert Krebs, wie Ökonomen, Manager und Lobbyfunktionäre unter dem Deckmantel einer liberalen Wirtschaftstheorie irgendwann jeden Pragmatismus fahren ließen: Nach einer ersten positiven Reaktion der Bundesregierung 2022 auf den drohenden Lieferstopp von russischem Gas ging es ein Jahr später darum, wie die Politik die Energiekrise abfedern kann, indem sie in die Preise für Haushalte und Unternehmen eingreift. Dies rüttelt an den zentralen Vorstellungen liberal-konservativer Angebotspolitik, wie der Kampf gegen den Klimawandel zu führen sei: Über den marktwirtschaftlichen Weg höherer CO2-Bepreisung, bei der die Umweltverschmutzung der Produzenten einen Preis erhält und die entsprechenden Härten für Haushalte mit Klimageldprämien ausgeglichen werden sollen.

Krebs beschreibt, wie 2022 bei der Einführung der Energiepreisbremsen eine effektive Entlastung bei den Energiekosten gerade für die Unternehmen gescheitert ist. Allerdings ist erst für Ende 2025 eine offizielle Auswertung der Energiepreisbremsen geplant, die voraussichtlich auch belegen wird, warum so wenig Unternehmen davon überhaupt profitiert haben. Doch schon damals lehnten gerade viele Ökonomen, darunter auch eine neue Professoren-Generation, Eingriffe in den Marktmechanismus ab – was nur mit sturem Dogmatismus erklärt werden kann. Dabei zeigt sich, dass der alte Zeitgeist neoliberaler Politikempfehlungen noch immer sehr mächtig ist, auch wenn er heute im modernen, aufgeklärten Gewand daherkommt, der weniger auf Glaubenssätze setzt.

Abbildung 5
Abbildung 6

Von traditionellen Volkswirten der ordoliberalen Schule sind die Glaubenssätze aber noch zu hören. Es sind Ökonomen, die ohnehin mit ihrer Nähe zu besonders aggressiven Lobbyorganisationen und der FDP auffallen. Dabei könnte man den Verdacht schöpfen, dass sie aus schlechtem Gewissen und mit handfesten Gründen die Strukturprobleme des Landes übertrieben darstellen. Sie verleugnen nämlich jegliche Nachfragekrise, obwohl Unternehmen seit Anfang 2024 die Nachfrage als das größte Problem für die Produktion ansehen (vgl. Abbildung 6). 

Die erste kolossale Fehleinschätzung leistete sich Finanzminister Christian Lindner, als er mit seinem Interview 2023 auf dem Höhepunkt der Inflation das Ende der Energiekrise ausrief, nur um den Haushalt schnellstmöglich zu konsolidieren. Kurz darauf begann die Industriewertschöpfung zu schrumpfen an. Zu dieser Zeit stand aber auch die profitgetriebene Inflation auf ihrem Höhepunkt (vgl. Abbildung 7). Seither versuchen Ordoliberale die Inflation allein auf die staatliche Unterstützung während der Pandemie und Versäumnisse der Notenbank zu schieben. Nachzulesen ist dies auch in einem frisch erschienenen Positionspapier einer Lobbyorganisation. Was dabei im Dunkeln bleibt: Es waren die Unternehmen, die ihre Preise erhöhten, weil sie die gestiegenen Kosten für Energie und andere Vorprodukte mit Lieferengpässen an ihre Kunden weitergaben.

Dieselben Ökonomen ignorieren bis heute, dass die Währungshüter der Europäischen Zentralbank (EZB) bereits seit Frühjahr 2022 für ihre Analyse die Teuerung in die Profit- und Lohninflation zerlegen (vgl. Abbildung 7). Dies basiert auf einer Idee von John Maynard Keynes, die »Finanz und Wirtschaft« wenige Wochen vor der russischen Totalinvasion ausgegraben hatte. Diese Art der Analyse gehört bis heute zum Standard der EZB-Volkswirte. Ausgerechnet der kleine, aber einflussreiche Kreis um die ordoliberalen Ökonomen blendet damit bis heute den Beginn der Energiekrise 2021 als Inflationsursache aus. Dabei war an der Londoner Terminbörse ICE der Preis für europäisches Gas bis Mitte Dezember auf 137 € pro Megawattstunde (MWh) gestiegen: Das war fast achtmal so viel wie zu Beginn des Jahres, als der Preis noch bei 18 € lag.

Die Gründe für den starken Anstieg lagen in der hohen Gasnachfrage aus Asien, Produktionsausfällen sowie geopolitischen Spannungen mit Moskau. Bereits 2021 drosselte Russland die Gasversorgung für die Speicher in Deutschland. Im Nachhinein sieht ohnehin alles danach aus, als ob der Kreml in jenen Monaten bereits alles darauf anlegte, den 2014 begonnenen Krieg im Osten gegen die gesamte Ukraine auszuweiten. Putin hatte schließlich im März 2021 seine letzte Marionette in der ukrainischen Politik verloren, an eine Restaurierung seines informellen Einflusses in der Ukraine war seitdem nicht mehr zu denken.

Abbildung 7
Abbildung 8

Isabella Webers Erfolgsrezepte

Diese Fehldiagnose der Ordoliberalen aber, die in Person von Lars Felds den Finanzminister persönlich beraten haben, verwundert kaum. Zumindest niemanden, der die Debatten um die Jahreswende 2021/22 mitbekommen hat. Fast schon religiöse Wut und Hass erntete die Ökonomin Isabella Weber, die an der University of Massachusetts Amherst lehrt. Sie hatte in ihrer Forschung gezeigt, dass vorübergehende Preiskontrollen in besonderen Stressphasen eine Marktwirtschaft entlasten können und am Ende bessere Ergebnisse für die Wohlfahrt bringen können als gutgläubige Schocktherapien. Und zwar dann, wenn sie vorübergehend in besonders strategischen Schlüsselpositionen des Preissystems eingesetzt werden: Wegen ihrer zentralen Bedeutung für jede Volkswirtschaft stehen Energie und Lebensmittel hier ganz oben auf der Liste.

Wie relevant Webers Forschungen sind, ist bis heute in Deutschland zu spüren. War aber schon 2022 klar: Um die Gefahr einer Lohn-Preisspirale wie in den 1970er Jahren einzudämmen, hatte das Bundeskanzleramt eine »Konzertierte Aktion« aufgelegt. Es sollte sich nicht wiederholen, dass starke Lohnerhöhungen im Ausgleich für vorübergehende Preisschocks die Inflation noch mehr anheizen, was wieder neue Lohnrunden auslösen sollte. Und so verabredeten Gewerkschaften, Unternehmen, Wissenschaftler und Politiker im Herbst 2022 eine Strategie. Das Zauberwort lautete dabei Inflationsausgleichsprämien. Die waren in Höhe von maximal 3000 € von Steuern und Abgaben befreit.

Diese Verabredung gehörte zu den großen Erfolgen der Ampelregierung in der ersten Reaktion auf die Energiekrise, an die sie später jedoch nicht mehr anknüpfen sollte. Durch die steuerfreien Prämien erholten sich die Nettoreallöhne bereits seit Ende 2022 kräftig, ein Jahr später hatten sie pro Kopf bereits die Kaufkraftverluste seit Beginn der Pandemie ausgeglichen (vgl. Abbildung 8). Die Löhne standen einem Rückgang der Inflation also nicht im Weg – dank der »Konzertierten Aktion«. Die nachlassende Inflation folgte aber daher, weil die Unternehmen ab 2023 ihre Preise nicht mehr so stark anheben konnten wie zuvor, um ihre Gewinnmargen zu retten. Schließlich waren auch die exorbitanten Ersparnisse der Privathaushalte aus der Pandemie aufgebraucht.

Wäre die Politik frühzeitig den Rezepten von Weber gefolgt, wäre es jedoch gar nicht erst zu einem Preisschub bei Energie oder Lebensmitteln gekommen. Daraus folgen auch die beiden zentralen Punkte, warum das Wachstum der deutschen Volkswirtschaft trotz des Ausgleichs der Kaufkraftverluste auch 2024 noch auf sich warten ließ. Zum einen brach die Profitabilität der Unternehmen mit dem Ende der Profitinflation ein. Ein fast natürlicher Rückprall nach den übertriebenen Gewinnsteigerungen zuvor. Die Folge: Sinkt die Profitquote im ganzen Land, also der Anteil der Betriebsüberschüsse der Unternehmen am volkswirtschaftlichen Einkommen, kommen auch die Investitionen in Maschinen und andere Ausrüstungen nur schwer in Gang – genau wie die Nachfrage nach zusätzlichen Arbeitskräften.

Der zweite Grund, warum die Nachfrage bisher nicht zu wachsen beginnt, lässt sich an den Preisen ablesen: Die Löhne haben sich zwar längst dem allgemeinen Preisniveau angepasst, doch hinter dieser Fassade verbirgt sich ein Auseinanderdriften der heimischen Industriepreise für Lebensmittel gegenüber anderen Konsumgütern. Da die Lebensmittelhersteller exorbitant von der wiedergewonnenen Kaufkraft der Haushalte profitierten, müssen daher andere Branchen leiden: Möbel- oder Autohersteller, die wiederum ihre Investitionen zurückfahren.

In diesem Blogbeitrag wird genauer aufgeschlüsselt, wie dies auch mit den anhaltend hohen Energiekosten zusammenhängt, die für die Industrieunternehmen heute noch bei fast dem Doppelten liegen, verglichen mit der Zeit vor der Pandemie. Schließlich wird dies ein entscheidender Grund dafür sein, warum deutsche Exporteure, anders als ihre amerikanische Konkurrenz, den Preisverfall chinesischer Güterpreise auf den Weltmärkten nichts entgegenhalten konnten.

Deswegen ist die Analyse von Isabella Weber und Tom Krebs drängender denn je. In einer aktuellen Studie zeigen beide, dass die Angst der Ökonomen vor Preiskontrollen als Kriseninstrument unbegründet ist. Das gilt selbst dann noch, wenn sich die Profitquote der Unternehmen und die Investitionen dieses Jahr tatsächlich zu erholen beginnen – trotz der hohen Preisen. Denn eins ist sicher: Schocks wie diese werden wohl noch öfter auftreten, und dagegen gilt sich zu wappnen. Daher darf in jedem Aufschwung nie vergessen werden, wie die aktuelle Stagnation hätte deutlich verkürzt werden können.