Photo by Nicolás Flor on Unsplash

Der freie Wettbewerb regelt das?

In seinem neuen Buch kritisiert Patrick Kaczmarczyck die Heilserwartungen an den freien Wettbewerb und fordert eine Investitionsoffensive des Staates. Wie der Staat diese Investitionen finanzieren kann, erklärt er in seinem Beitrag.

Wenn wir eine neue Investitionsoffensive fordern, wo soll dann das Geld dafür herkommen? Schließlich betont die Politik doch ständig, dass kein Geld da sei. Die Kassen sind leer und Corona hat alles nur schlimmer gemacht. Typisch für diese Denkweise drückte es die ehemalige Premierministerin Großbritanniens, Theresa May, aus, als sie auf die Beschwerde einer Krankenpflegerin hin, die acht Jahre keinen Lohnzuwachs hatte, erwiderte: »Es gibt keinen magischen Geldbaum, den wir schütteln können, der plötzlich für alles sorgt, was die Menschen wollen.« 

Das ist das beste Beispiel für ein verfehltes Geldverständnis, das in der Öffentlichkeit sehr weit verbreitet ist. Woher kommt denn eigentlich das Geld? Die meisten Menschen beziehen es als Einkommen und haben daher das Gefühl, dass es etwas ist, was man »sich verdienen« muss. Es wäre somit bereits irgendwie da und man müsse es sich erarbeiten. Tatsächlich wird alles Geld der Welt jedoch aus dem Nichts per Kredit geschaffen. Ja, jeder Euro und jeder Cent, den Sie besitzen, sind aus dem Nichts geschaffene Schulden. Die Geldschöpfung aus dem Nichts geschieht per sogenannter Bilanzverlängerung: Die Bank schreibt dem Schuldner nach Bonitätsprüfung den gewünschten Betrag per Tastatur als Einlage gut und erhöht so ihre Bilanzsumme. Wir kommen gleich zu einem anschaulichen Beispiel, das den Prozess verständlich macht. 

Doch zunächst ist es wichtig, irrtümliche Grundvorstellungen aus dem Weg zu räumen. Die meisten Ökonomiestudenten lernen, dass Banken als Intermediäre fungieren, die bestehende Ersparnisse weiterverleihen. Die Bank of England war eine der ersten Zentralbanken der Welt, die dieses Prinzip in aller Deutlichkeit widerlegte. Sie stellte klar, dass »die Realität der heutigen Geldschöpfung (…) sich von der Beschreibung [unterscheidet], die in einigen Lehrbüchern der Volkswirtschaftslehre zu finden sind. Anstatt dass die Banken Einlagen erhalten, wenn Haushalte sparen, und diese dann verleihen, schafft die Kreditvergabe der Banken Einlagen [im Privatsektor].« Die Bundesbank bestätigte, dass es sich bei der Vorstellung, »wonach die Bank im Augenblick der Kreditvergabe nur als Intermediär auftritt, also Kredite lediglich mit Mitteln vergeben kann, die sie zuvor als Einlage von anderen Kunden erhalten hat« um einen »weit verbreiteten Irrtum« handle. Ebenso »sind vorhandene überschüssige Zentralbankguthaben keine notwendige Voraussetzung für die Kreditvergabe (und die Geldschöpfung) einer Bank.«

Patrick Kaczmarczyk

Dr. Patrick Kaczmarczyk ist Entwicklungsökonom. Er promovierte als Stipendiat des Economic and Social Research Council (ESRC) am Institut für politische Ökonomie der Universität Sheffield. Derzeit ist er als Referent für Wirtschaftspolitik in Berlin tätig. Zuvor arbeitete er als Berater für die Vereinten Nationen zur Finanzmarktstabilität im globalen Süden sowie zur wirtschaftlichen Entwicklung in Ostafrika. Im Westend Verlag erschien zuletzt »Kampf der Nationen« (2022).

Die obigen Aussagen stellen die Grundlehre der Ökonomie somit auf den Kopf, denn sie implizieren, dass – wie Schumpeter schon in aller Deutlichkeit ausführte – Ersparnisse keine Voraussetzung für Investitionen beziehungsweise das Geldausgeben sind, sondern vielmehr das Ergebnis einer vorangegangenen Kreditaufnahme. Es ist deshalb falsch, wenn es aus der Politik heißt, man müsse sparen, um investieren zu können. Ersparnisse könnten für die Investitionstätigkeit irrelevanter nicht sein. Das ist keine Theorie, der man angehören kann oder eben nicht. Das ist einfache Buchhaltung. 

Ein zweistufiges Geldsystem 

Eine ausführliche Abhandlung des Geldsystems würde zwar den Rahmen des Buches sprengen, allerdings ist ein Grundlagenverständnis durchaus hilfreich. Zunächst ist es wichtig zu begreifen, dass das Geldsystem zwei Stufen beziehungsweise Kreisläufe hat (vgl. Abbildung). Es gibt zum einen den Reserven- und zum anderen den Giralgeldkreislauf. Letzterer dürfte den meisten bekannter sein, denn in diesem Kreislauf nimmt Geld die Form von Einlagen auf Bankkonten (Giralgeld) und Bargeld an, die für den täglichen Zahlungsverkehr verwendet werden. Wenn Sie Ihre Einlagen auf dem Konto bei einer gewöhnlichen Geschäftsbank haben und damit Überweisungen tätigen oder wenn Ihr Arbeitgeber Ihnen auf dieses Konto Ihr Gehalt zukommen lässt, so finden all diese Transfers innerhalb des Giralgeldkreislaufs statt. Durch Ihre Überweisungen verringert sich der Bestand ihrer Einlagen bei der Bank und erhöht sich im gleichen Maße bei der Person, die ihre Überweisung erhält. Wenn Sie die Empfängerin oder der Empfänger sind, ist es umgekehrt. 

Neben dem Giralgeld- gibt es einen zweiten Kreislauf, bei dem die sogenannten Zentralbankreserven die Geld- beziehungsweise Zahlungsfunktion übernehmen. So, wie Sie ein Konto bei einer Geschäftsbank führen, so führen Geschäftsbanken ein Konto bei der Zentralbank. Das Guthaben, das die Geschäftsbanken auf dem Konto bei der Zentralbank haben, bezeichnet man als Zentralbankreserven. Die Bankleitzahl ist nichts weiter als die »Kontonummer« der Geschäftsbank bei der Zentralbank. Die Reserven werden in diesem Kreislauf gebraucht, um anfallende Zahlungen der Banken untereinander auszugleichen. Solche Zahlungen fallen an, wenn beispielsweise jemand mit einem Konto bei der Commerzbank eine Überweisung an eine Person macht, die ihr Konto bei der Citibank führt. In dem Fall verringern sich die Reserven (Aktiva) der Commerzbank in derselben Höhe wie die Einlagen des Kunden (Passiva). Die Citibank hingegen erhält die Reserven in Höhe der getätigten Überweisung der Commerzbank, das heißt der Reservenbestand der Citibank erhöht sich und letztere schreibt ihrem Kunden wiederum die erhöhten Einlagen gut. Normalerweise leihen sich Banken auf dem Interbankenmarkt untereinander überschüssige Reserven. Sollte dieser Prozess mal ins Stocken kommen, können sich die Banken an die Zentralbank wenden, die dann die benötigten Reserven aus dem Nichts per Knopfdruck schaffen kann – egal, in welcher Höhe. 

Quelle: Michael Paetz – Was ist Geld? Verfügbar unter: https://was-ist-geld.de/einfuehrung/

Zentralbankreserven können auch von einer Bank bei der Zentralbank gegen Bargeld getauscht werden, welches Sie aus einem Geldautomaten ziehen. Geldscheine dürfen nämlich nur von der Zentralbank geschaffen werden, weshalb auf den Euroscheinen oben links die Unterschrift einer Christine Lagarde oder eines Mario Draghi zu sehen ist, die die Geschicke der EZB leiten beziehungsweise geleitet haben. 

Die Geldschöpfung aus dem Nichts 

Um den Prozess der Geldschöpfung nun zu veranschaulichen, können wir uns eines einfachen Beispiels aus dem Giralgeldkreislauf bedienen – denn das mit Abstand meiste Geld wird auf diese Weise geschöpft. Da wir versuchen wollen, im Rahmen einer richtigen Marktwirtschaft zu bleiben, also in einer Wirtschaft, in der der Unternehmenssektor die Rolle des Investors übernimmt, nehmen wir an, dass ein gegebenes Unternehmen eine Investitionsmöglichkeit sieht und einen Kredit von 100 000 Euro aufnehmen möchte. Es geht zur Bank. Letztere schaut sich an, ob der Business-Plan stimmig ist, verlangt gegebenenfalls gewisse Sicherheiten und gewährt schließlich den Kredit. Dafür tippt die Bank die Zahl »100 000« in den Computer ein – und der Betrag wird den bestehenden Einlagen auf dem Konto der Firma hinzugefügt. 

Auf der einen Seite der Bilanz der Bank haben sich jetzt die Aktiva – in Form des Kredits – um 100 000 Euro erhöht. In derselben Höhe stiegen die Passiva – das heißt die Einlagen des Kunden – in Höhe von 100 000 Euro. In der Bilanz der Firma ist es genau umgekehrt. Die Aktiva steigen um den Betrag von 100 000 Euro, denn das Unternehmen hat nun diese Summe auf ihrem Konto zur Verfügung, um damit neues Personal einzustellen, Maschinen zu kaufen und so weiter. Auf Seite der Passiva hingegen ist es der Kredit, der die Summe an Verbindlichkeiten um 100 000 Euro erhöht. Da sich im Prozess der Geldschöpfung nur die Bilanzsummen erhöhen, und zwar ohne, dass zuvor Ersparnisse gebraucht werden, spricht man bei der Kreditvergabe von Geldschöpfung per Bilanzverlängerung. Zahlt das Unternehmen den Kredit zurück, wird Geld wieder vernichtet. Wenn ein Staat Geld ausgibt, entsteht Geld nach demselben Prinzip, obwohl hierbei im Gegensatz zum Giralgeld, das bei der »normalen« Kreditvergabe entsteht, Zentralbankgeld geschaffen wird. Mit anderen Worten: Bei sämtlichen Staatsausgaben und Zahlungen an den Staat bewegen wir uns im linken Kreislauf des Diagramms (siehe Abbildung), dem Reservenkreislauf. Bei sämtlichen privaten Ausgaben und Zahlungen bewegen wir uns hingegen im rechten Kreislauf, dem Giralgeldkreislauf. Nur Geschäftsbanken haben Zugang zu beiden Geldformen. 

Sofern der Staat nun eine Ausgabe tätigen möchte – sagen wir mal, die Verteidigungsministerin will zur Abwechslung einen Hubschrauber haben, der fliegen kann –, dann wird das Finanzministerium, das sein Konto bei der Zentralbank hat, die Zentralbank anweisen, die Reserveguthaben der Geschäftsbank des Zahlungsempfängers zu erhöhen. Das heißt, wenn beispielsweise Airbus uns einen solchen Hubschrauber bauen kann und die Firma aus ethischen Gründen ihr Konto bei der Deutschen Bank führt, dann wird die Zentralbank dem Konto der Deutschen Bank den entsprechenden Betrag gutschreiben, der für den Hubschrauber fällig wird. Das geht per Tastatur, vorherige Ersparnisse braucht es nicht. Die Deutsche Bank wiederum passt den Kontostand von Airbus entsprechend an, sodass wir es wieder mit einer einfachen Bilanzverlängerung zu tun haben: Die Deutsche Bank hat nun sowohl höhere Verbindlichkeiten (die Kundeneinlagen) wie auch höhere Guthaben (Reserven). Durch die Ausgabe des Staates entsteht somit neues Zentralbankgeld sowie zusätzliche Einlagen. Der Prozess funktioniert immer nach demselben Muster. Sobald der Staat Waren und Dienstleistungen erwirbt, werden die Reserven den Geschäftsbanken gutgeschrieben, bei denen die Unternehmen ihre Konten führen. Für die Unternehmen selbst erhöhen sich die Einlagen auf ihrem Konto. Mit anderen Worten: Die Ausgaben des Staates werden zu den Einnahmen des Privatsektors.

Dieser Text ist ein Auszug aus dem Buch »Kampf der Nationen. Wie der wirtschaftliche Wettbewerb unsere Zukunft zerstört«. Das Buch ist ist Westend-Verlag erschienen.

Eine Grenze dafür, wie viel Geld aus dem Nichts geschaffen werden kann, gibt es nicht, weshalb Geld nicht als knappes Gut bezeichnet werden sollte. Da jederzeit so viel Geld wie nötig per Knopfdruck zur Verfügung gestellt werden kann, wird unser Geldsystem auch als »Fiat-System« bezeichnet – vom lateinischen Wort »fiat« abstammend, was so viel heißt wie »es werde«. Obwohl es beim Geld keine Knappheit gibt, finden wir Knappheit hingegen auf der Seite der Kreditnehmer und den real verfügbaren Ressourcen, Waren und Dienstleistungen. Hier gibt es zwei Extreme. Entweder, die Nachfrage ist tot und niemand will sich verschulden. Wir haben es in dem Fall mit einer Knappheit der Kreditnehmer zu tun. Dann kann der Zins noch so niedrig sein, niemand wird investieren. Das andere, aber seltenere Knappheitsextrem, ist eine Wirtschaft am Kapazitätslimit. Das ist genau das, was wir seit der Finanzkrise vor allem in der Eurozone erleben. Wenn die Kapazitäten nämlich voll ausgelastet sind, dann besteht die Gefahr einer Überhitzung und Inflation. Von einer solchen Situation ist Europa jedoch sehr weit entfernt. Die Panikmacher, die in der EU im gegenwärtigen Umfeld das Gespenst der Inflation an die Wand malen, gleichen jenen Menschen, die während der Urflut eine Brandwarnung ausrufen. 

Alles Geld der Welt sind Schulden 

Bei all den Details und den vielleicht etwas ungewohnten Mechanismen, die das moderne Geldsystem ausmachen, sind zwei wesentliche Merkmale absolut zentral: 1.) Geld ist keine begrenzte Ressource und 2.) alles Geld, jeder Cent und jeder Euro in Ihrem Portemonnaie und auf Ihrem Konto, sind aus dem Nichts geschaffene Schulden. Was für Sie ein Vermögenstitel ist, ist für jemand anderen eine Verbindlichkeit (entweder für die Bank oder die Zentralbank). Wer somit am liebsten alle Schulden auf der Welt streichen wollte, der würde damit auch den gesamten Geldbestand ausradieren. 

Dass der Geldmenge nach oben keine Grenzen gesetzt ist, hat den Vorteil, dass bei einer Krise, wie der Finanz- oder der Coronakrise die Liquidität sichergestellt wird. In Momenten der Panik gibt es immer einen Run aufs Geld und wenn die Zentralbanken nicht eingreifen könnten, würde es zu einem Zusammenbruch der Wirtschaft kommen. Die Instabilität und Unvorhersehbarkeit der Geldnachfrage macht es unausweichlich, dass die Geldmenge flexibel und der Nachfrage entsprechend aus dem Nichts geschaffen werden kann. Würde man der instabilen und volatilen Nachfrage nach Geld ein stabiles Angebot entgegensetzen, wie es diejenigen fordern, die von einem durch Gold gedeckten Geldsystem träumen oder im Bitcoin die Lösung aller Probleme sehen, hätte man verrücktspielende Zinsen und regelmäßige Liquiditätsengpässe. Es gibt keine Marktwirtschaft auf der Welt, die in einem solchen Geldsystem funktionieren könnte. 

Der zweite Vorteil des Fiat-Geldsystems ist, dass es dem Staat die Möglichkeit gibt, ohne Probleme und völlig unabhängig vom Verschuldungsstand die Wirtschaft wieder zum Laufen zu bringen. Sofern sich der Staat in seiner eigenen Währung verschuldet und die Zentralbank sich bereiterklärt, Staatsanleihen zu kaufen, gibt es keine Summe der Welt, die nicht beglichen werden könnte. Die Zentralbank ist zudem die einzige Institution in einer Marktwirtschaft, die mit negativem Eigenkapital operieren kann. Weder muss für die Steigerung der öffentlichen Ausgaben irgendein Akteur in der Wirtschaft »belastet« werden, noch wird jemandem etwas weggenommen. Rein technisch gesehen ist eine derartige Finanzierung der Ausgaben auch nicht möglich, denn kein privater Akteur (außer den Geschäftsbanken) hat Zugang zu Zentralbankreserven – und tatsächlich werden alle Ausgaben des Staates und alle Zahlungen an den Staat über Reserven beglichen. 

Die Frage, wer denn für die Schulden beispielsweise in der Coronakrise aufkomme oder wie wir anhand der gestiegenen Verschuldung eine Investitionsoffensive starten können, erübrigt sich damit, denn die Schulden können einfach auf der Bilanz der Zentralbank liegen bleiben. Sollten bei der Zentralbank etwaige Überschüsse anfallen, werden diese wieder an ihre Eigentümerin ausgeschüttet – den Staat. Eine Regierung kann sich somit in eigener Währung bei sich selbst verschulden, schafft dadurch Vermögen in der Privatwirtschaft, und zahlt die Zinsen, die von der Zentralbank festgelegt werden und nicht von irgendwelchen Schuldenständen abhängen, effektiv an sich selbst. 

Im Fall eines Entwicklungslandes funktioniert der Mechanismus nicht so einfach, denn die Entwicklungsländer sind weitgehend Opfer eines Währungssystems, das ihnen nur wenig Raum zur Verschuldung in eigener Währung gibt. Durch Finanzmarktspekulationen wird es für die meisten Entwicklungsländer unmöglich, den Außenwert ihrer Währung zu stabilisieren. Für die Finanzmärkte sind die Spekulationsgeschäfte und das damit verbundene Jo-Jo Spielen mit den Wechselkursen hingegen enorm profitabel. Für die Entwicklungsländer selbst bedeutet es regelmäßig wiederkehrende Währungskrisen mit gravierenden Auswirkungen auf die Realwirtschaft und Entwicklung. Ohne ein vernünftiges globales Währungssystem, von dem wir derzeit so weit entfernt sind wie von der Besiedelung des Mars, ist die Frage der währungsund geldpolitischen Souveränität für Entwicklungsländer eine völlig andere als im reichen, globalen Norden. 

Abgesehen von dem Skandal, dass wir seit 50 Jahren nichts unternommen haben, um diesen Missstand zu ändern, ist es unverantwortlich, dass wir in Zeiten größter realwirtschaftlicher und gesellschaftlicher Herausforderungen von den Vorteilen unseres Geldsystems keinen Gebrauch machen und dies teilweise noch mit dem Argument der Generationengerechtigkeit begründet wird. Sowohl die Schulden als auch die Vermögen werden jedoch an die nachfolgenden Generationen weitervererbt. Wer könnte es letzteren verübeln, dass sie gerne nicht nur ein höheres Vermögen, sondern auch eine solide Infrastruktur, ein gutes Gesundheits- und Bildungssystem, und nicht zuletzt einen bewohnbaren Planeten erben möchten? 

Was ist nun mit der Inflation?

Schön und gut, mögen Sie nun vielleicht anmerken, doch wie sieht es mit der Inflation aus? Haben wir nicht gelernt, dass, sobald Staaten die Druckerpresse anwerfen, die Preise durch die Decke gehen und das Geld nichts mehr wert ist? Viele denken beim Stichwort Inflation vermutlich an die Bilder aus den 1920er-Jahren, als die Menschen mit Schubkarren voll von wertlosen Papierscheinen ihre Brötchen beim Bäcker kaufen wollten. Diese vor allem in Deutschland verbreitete Urangst der Inflation führte dazu, dass es der Artikel 123 des EU-Vertrags ausdrücklich verbot, dass die EZB direkt von den Euro-Staaten Anleihen aufkaufen darf. Das käme einer direkten Staatsfinanzierung gleich, was in der ordoliberalen Vorstellung gleichbedeutend mit Inflation ist.

Allein, dass dieses Verbot existiert, zeigt, dass es technisch nichts gibt, was den Staat daran hindern könnte, in eigener Währung so viel Geld aus dem Nichts zu schaffen, wie er für seine Ausgaben benötigt. Das ist der erste Punkt. Man musste sich aus diesem Grund selbst in die Zwangsjacke stecken, um die Art der Finanzierung, die in Ländern wie beispielsweise Kanada gegeben ist (ohne, dass es dort eine Hyperinflation gibt), zu untersagen. Womöglich hat die Politik da an eine »Strategie« gedacht, die Ihnen aus Ihrem eigenen Haushalt bekannt sein könnte – oder die zumindest bei mir ihre Anwendung findet: Wenn ich meinen Zähnen und meinem Körper eine Schokoladenpause gönnen möchte, dann reiße ich mich im Supermarkt zusammen und kaufe keine Schokolade. Denn hätte ich einen Vorrat zuhause, so würde direkt ein Riegel nach dem anderen verschwinden. Und nun stellen Sie sich vor, was wäre, wenn ich daheim eine Maschine hätte, die mir unbegrenzt Schokolade zur Verfügung stellen würde, sobald ich einen Knopf drücke! Das würde nicht gut ausgehen. Von daher versperrt man sich selbst den Zugang zu dieser Maschine. »Aus den Augen, aus dem Sinn« heißt es deshalb sowohl für die Schokolade als auch für die staatliche Druckerpresse.